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© Walter Lauterer

POLA 2002

von Hann Krall (PL)

nach der gleichnamigen Erzählung ("Es ist kein Fluss mehr", 1998)

In deutscher und polnischer Sprache

Performance-Projekt zum "Polnischen Jahr in Österreich 2002"

 

Premiere: 07.11.2002 20:00 / Aufführungen bis 14. 12. 2002

Aufführungen: 8.11. bis 14.12.02, jeweils 20 Uhr

 

Regie: Eva Brenner

Performerance & Live-Musik: Clemens Matzka, Maren Rahmann, Jan Tabaka, Susanna Tabaka-Pillhofer, Anne Wiederhold

Dramaturgie: Axel Bagatsch

Raum/Installation/Fotografie: Walter Lauterer

Kostüm: Barbara Liebhart

 

Das Performance Projekt „Pola“ – Produktion 4 im Rahmen des Zyklus „PHANTOM : LIEBE“ und Beitrag zum „Polnischen Jahr in Österreich 2002“- thematisierte das Phänomen Liebe, ja man möchte sagen, die Fähigkeit, trotz alledem zu lieben! 

Der Text von Hanna Krall (1998, aus dem Band „Da ist kein Fluss mehr“) diente als Grundlage des Theaterprojekts, das Raum-Design aus „Quadrat“ von Samuel Beckett dient als choreographische Vorlage, die dem Text gemäss adaptiert und erweitert wird. Das „Quadrat“, Becketts berühmte Versuchsanordnung (ein Videospiel aus dem Jahr 1981) diente als Verweis auf den leeren weißen Raum – wie Malevich’ „weißes Quadrat auf weißem Grund“, das einst die Moderne am Beginn des 20. Jahrhunderts - ein Jahrhundert - einläutete.

Durch Gegenüberstellung und Interpolation von Textmaterial und räumlich-inszenatorischer Struktur wurde dem Text von Hanna Krall eine ungewöhnliche Dichte und assoziative Tiefenschicht erschlossen, wobei die Figuration des beständigen Abschreitens derselben Bewegungsabläufe das Wiederkehrende der Katastrophe -  die Vergänglichkeit und zugleich Beständigkeit (Unermüdlichkeit, Dauerhaftigkeit…) menschlichen Strebens - unterstrich.  Becketts minimalistische Choreographie des „Quadrats“ wurde weiterentwickelt durch Anreichungen von gestischem Material und Akzente der Lichtregie: Das Licht verdunkelt sich relativ zur Akzeleration der Bewegungen und der Entleerung der Körper von ihren Hüllen. Die Geschichte erscheint und verschwindet in der Nacht….

Hanna Krall ist eine der wichtigsten SchriftstellerInnen ihres Landes heute.  Sie ist vor allem mit ihren Texten zum Holocaust und der jüdischen Geschichte Polens bekannt geworden. Die Erzählung „Pola“ enthält in verdichteter Form und der ihr eigenen Poesie, die oft das Schreckliche berührt, alle wichtigen Motive ihres Werks: die Judenverfolgung, die Rolle von Polen, Juden und Deutschen vor, während und nach dem Krieg, das Verbrechen und seine Bedingungen, Widerstand und Kollaboration, die Liebe und die Banalität des Alltags mitten im Wahnsinn, dessen Vermächtnis das 20. Jahrhundert geprägt hat und unser Leben bis heute prägt.

„Alle ihre Geschichten handeln vom DANACH. Knapp und poetisch verbindet Hanna Krall Einzelschicksale des Holocaust mit historischen Ereignissen und biblischen Motiven… Und auch wenn sich das, was sie überliefert, wirklich zugetragen hat, sind ihre Geschichten doch keineswegs Tatsachenberichte, sondern universelle Gleichnisse,“ heißt es im [...]  „Hanna Krall vermag der bodenlosen Trauer… standzuhalten, die in einem Land, das zum Friedhof des europäischen Judentums wurde, in besonderer weise präsent ist.“

- Vorwort zu Band „Da ist kein Fluss mehr“, 1998

 

Der Hauptraum des STUDIOs war leer, die Zuschauer - auf 16 beschränkt - fanden in je einer Reihe mit dem Rücken zum „Quadrat“ Platz. Wie Voyeure dem Grauen der Geschichte ausgeliefert, starrten sie auf ein endloses Textband (Gesamttext von Hanna Krall) entlang der Wände. 5 DarstellerInnen – 2 Männer, 3 Frauen verschiedenen Alters und verschiedener kultureller Herkunft vollzogen den gesamten Ablauf der Performance hindurch denselben, immer gleichen Bewegungsablauf, bestehende der aus nichts weiter als monotonen Gängen: Jeweils einem Gang auf ein imaginäres Zentrum zu, ein Ausweichen desselben und ein Abgehen in die gegenüberliegende Richtung, dann ein monotones Entlangschreiten am Schenkel des Quadrats und ein neuerliches Zuschreiten auf das Zentrum zu… usw.  Alle im immer gleichen Rhythmus… DIese Bewegungsstruktur ergab nicht nur ein Vermeiden des Zentrums, sondern auch ein Ausweichen der Menschen voreinander… Durch die sukzessive gestische Anreicherung wurde das szenische Bild im Ablauf immer komplexer, ohne dass die Grundkonstellation des Quadrats verloren ginge: Niemand bricht hier jemals wirklich aus…

 

Erstmals wurde eine Performance des PROJEKT THEATER STUDIOS von Live-Musik des Ensembles improvisatorisch begleitet: Geige, Cello, Gitarre, Klarinette, Akkordeon.

 

"Eines der Merkmale der Prosa Hanna Kralls ist, dass sie alles berichtet und nichts kommentiert."

- Marcel Reich-Ranicki

 

 

PRESSESTIMMEN:

 

„In dichter, intensiver Form nimmt Eva Brenners souveränes Experimentaltheater-Ensemble den Stoff auf und zeigt ihn als Uraufführung. Ein packendes Erlebnis!“

- DIE PRESSE, 6. Dezember 2002

 

"Klug und berührend zugleich!"

- Die Volksstimme, 5. Dez. 02

 

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