15. SCHIELE fest / NÖ 2016

Selbstakt in Grau mit offenem Mund (1910), Leopold Museum

Das junge Festival für interdisziplinäre Kunst im Wienerwald

Kunst * Performance * Tanz * Musik

DIE KONTROVERSE LÄUFT WEITER

Neulengbach, Maria Anzbach & Umgebung

Samstag, 10. September 2016, 14-21 Uhr

Künstlerischer Wandertag in drei Stationen. Das Publikum kann Teile oder den gesamten Ablauf miterleben.

Gratis Schuttlebus zwischen den einzelnen Stationen: 13.45 Uhr Abfahrt Bahnhof Neulengbach Stadt zur ersten Station Künstlervilla Peter&Eva (REX ab Wien Westbahnhof um 12.54 Uhr; Ankunft Neulengbach Stadt 13.30 Uhr)

Anfahrt mit dem Auto zur Station 1: A1 bis Preßbaum, Bundesstraße bis Maria Anzbach, 1. Kreisverkehr rechts nach Groß-Raßberg.

Auftakt: Sponsoring- & Benefizparty zugunsten von SCHIELE fest und Flüchtlingshilfe Kloster Stein, Bilderverkauf zu Spezialpreisen in Anwesenheit beteiligte Künstler_innen: Sa., 27. 8. 2016, ab 18h

 

Das Programm im Überblick

Samstag, 10. September 2016, 14-21 Uhr


14.00 – 16.00 Uhr | Künstlervilla „Peter&Eva“ Maria Anzbach
Großraßbergstraße 22, Maria Anzbach

Bewegung im Zeitstrom – Bewegtes im Wandel |Zeichen Performance Lore Heuermann LivingInMotion | Tanz Waltraud „Manju“ Pöllmann

Zum Werk | Leander Kaiser (Maler/Kulturphilosoph)

Eure Zeichen Eure Macht | Gedichte Egon Schiele Lesung Kari Rakkola, Evgenia Stavropoulos-Traska

Variation zu Arnold Schönberg | Musikimprovisation Walter Nikowitz

Zwischen Aufklärung und Ausgrenzung | Objekt im Freien Feld Germana Kovacic

Kaffee & Kuchen

 

17:00-18:45 Uhr | Galerie im Gemeindeamt Maria Anzbach
Marktplatz 22, Maria Anzbach

Vorläufiger Aufenthalt | Ausstellung Hildegard Stöger

Zum Werk | Lucas Gehrmann (Kurator Kunsthalle Wien)

Die Malerei, das Bildverbot und die Bildzerstörung | Gespräch Leander Kaiser & Lucas Gehrmann

Tango Finlandesa | Kari Rakkola /Gesang) & Walter Nikowitz (Gitarre)

Ad Sine | Objekt für den Hauptplatz Susanne Kompast

Cocktails

 

19:30-21:00 Uhr | TANK 203.3040.AT Neulengbach
Schubertstraße 203, Neulengbach

na, net no amoi | Performance Installation 100 Jahre DADA Gedichte Manifeste 1916 – 1918
Ein Reporter wird Soldat | Rezitation Egon Erwin Kisch Kari Rakkola
Konzept/Regie/Raum: Eva Brenner
Performance: Michaela Adelberger, Eva Brenner, Waltraud „Manju“ Pöllmann, Evgenia Stavropoulos-Traska, Walter Nikowitz (Musikimprovisation) Teimuraz Natroschwil, Gast des Flüchtlingsheims Kloster Stein, Maria Anzbach

DADA negligé | GRAF+ZYX - Elektronisches Environment Computer-/Videoanimation,Triple-Screening mit Musik

absichtsloser Ausklang | Büffet

 

Das 15. SCHIELE fest / NÖ 2016 ist ein alternatives Festival junger, interdisziplinärer Kunst für unsere Zeit. In Kontrast zu gängigen Kultur- und Vermarktungsstrategien werden unorthodoxe Zugänge zu Egon Schieles radikalem Leben und Werk gesucht – immer auf der Suche nach einer Aktualisierung seiner Impulse, die auf neuen Analysen kulturphilosophischer Prämissen und Hintergründe seiner Bildsprache beruhen, die von traditionell historisierenden und psychologisierenden Analysen eher verstellt als erhellt werden. Nötig ist stattdessen eine Neubewertung und Belebung des Diskurses auf der Höhe der Zeit über Genese, Verlauf und Implikationen einer Moderne, die wesentlich von Schiele mitgeprägt wurde und zeitgenössisch-kritische Kunstpraxen beeinflusst.

In Form einer »SCHIELE _Passage« begibt sich das Künstler_innen-Team gemeinsam mit dem Publikum auf eine Reise durch Raum und Zeit, um die Spur von Schieles Positionen aufzunehmen. Im Verlauf eines langen Nachmittags folgt das Publikum dem Programm von Station zu Station, wird direkt ins Geschehen einbezogen. Internationale Künstler_innen aus den Bereichen Bildende Kunst, Theater, Performance, Tanz, Musik und neue Medien zeigen sitespezifisch in Ateliers, Galerien und Kunsträumen vor Ort ihre Werksinterpretationen. So entsteht im zwanglosen Rahmen ein persönlicher Austausch zwischen Kunst, Künstler_innen und Publikum, durch den überraschende Sichtweisen und neue Schnittstellen zwischen Schiele, seinem Werk und zeitgenössischer Kunst sichtbar werden.

Inhaltlich steht das Festival 2016 im Zeichen des 100-Jahresjubliäum der internationalen Kunstrichtung DADA, die 1916 in Zürich von einem radikalen Künstlerkollektiv rund um Tristan Tzara, Hugo Ball, Emmy Hennings und Richard Huelsenbeck gegründet wurde und bald die Kunstzentren Europas und New York eroberte. DADA lehnte sich mit provokanten Manifest-Texten, in grotesk-poetischen Simultan-Gedichten und Cabaret-Performances auf gegen die Verwerfungen des 1. Weltkriegs und proklamierte das Ende der bürgerlichen Kunst mit ihren Sinnzusammenhängen, linearen Strukturen und aufgeklärten Botschaften.

Historisch betrachtet befinden wir uns heute, nach 100 Jahren, wieder im Zustand wachsender Kriegsgefahren, woran uns die Flüchtlingswelle, die mittlerweile auch bei uns angekommen ist, täglich erinnert. Die Flüchtlinge sind unter uns, sie leben mit uns und wir sind gut beraten sie in zeitgenössische Konzepte und Projekte einzubeziehen. Auch uns als zeitgenössische Künstler_innen beschäftigen heute die aktuellen Themen von Gewalt, Krieg, Vertreibung, Flucht, und Abschottung. Wie nun fällt – im Kontrast zu Schiele und DADA – unser Blick auf Krieg, Ausgrenzung, Zerfall aus? Welche Strategien entwickeln heutige Künstler, um diesen Herausforderungen zu begegnen? Wie können Schieles Beispiel und der Komplex DADA uns dabei helfen?

Die eingeladenen Künstler_Innen setzen sich in verschiedenen Formen, Disziplinen und Stilen mit diesen Fragenkomplexen auseinander. Währende LORE HEUERMANN, die sich als Pazifisten versteht, primär die Wahrnehmung, die Bewegung des menschlichen Körpers, die Natur und die Stille in den Mittelpunkt ihrer kontemplativen Kunst stellt, richtet HLDEGARD STÖGER den Blick auf Menschen unterwegs, auf Reisen, auf „Menschen in Hotels“, wie der Arbeitstitel ihres neuen Bildzyklus heißt. GRAF+ZYX andererseits haben sich seit jeher im Bereich Neue Medien, und somit der digitalen Bewegung zugewandt, thematisch die weniger sozial oder politisch gefasst sind, jedoch in ihrer radikalen Formensprache den Experimenten der Dadaisten durchaus einen Tribut zollen. Das Bildende-Kunst-Team KOVACIC_KOMPAST wird nach dem Vorbild von DADA-Skulpturen, - Kostümen und Masken neue Objekte aus Schrott, Sperrmüll, Pappe, Holz oder Metall bauen, die einerseits als NONSENSE-Objekte im öffentlichen Raum Aufstellung finden (z.B. in den Gärten der Künstlerateliers, auf dem Hauptplatz Maria Anzbach), andererseits als Masken und Kostüme in der Abschlussperformance zum Tragen kommen. Eine DoppelConference mit den Experten LEANDER KAISER & LUCAS GEHRMANN zum SCHIELE fest ergänzt das Programm.

Das Ensemble der DADA-Performance mit dem Titel „Na, net no amol“ besteht aus den SchauspielerInnen MICHAELA ADELSBERGER, EVGENIA STAVROPOULOS-TRASKA und KARI RAKKOLA sowie der Tänzerin WALTRAUD “MANJU“ PÖLLMANN. Dieses Abschlussperformance - unter der Regie von EVA BRENNER - basiert auf Auszügen aus DADA-Manifesten und Gedichten sowie Zitaten aus Egon Erwin Kisch‘ Kriegstagebuch aus dem Jahr 1914, das eindringlich das persönliche Erlebnis der Kriegsereignisse schildert. Dazu kommt ein Chor von Flüchtlingen, die Lieder aus dem Krieg („Moorsoldaten“ u.a.) sowie aus ihrer Heimat singen, die unter Leitung des Musikers WALTER NIKOWITZ einstudiert werden. Die Umsetzung nimmt Vorschläge und konzeptuelle Richtlinien von DADA-Performances aus, die mit Zufall, Simultaneitäten und Schock-Elementen arbeiteten, die u.a. die zeitgenössische Performancekunst nachhaltig beeinflusst haben.

 

Künstlerisches Team

Konzept/künstlerische Gesamtleitung/Regie: Eva Brenner (A/USA), Organisation/Pressearbeit: Andrea Munninger (A), Dramaturgie: Felix Kristan (A), Assistenz: Constance Hyrohs (A), Andreas Käch (CH), Konzeptuelle Beratung: Annemarie Klinger (A), Wissenschaftliche Beratung: Leander Kaiser (A), Vorträge: Leander Kaiser (A), Lucas Gehrmann (A), Performance: Evgenia Stavropoulos-Traska (GR), Kari Rakkola (FN), Waltraud „Manju‟ Pöllmann (A), Michaela Adelberger (D/A), Videokunst & Installation: GRAF+ZYX (A), Installationen: Germana Kovacic (A), Susanne Kompast (A), Ausstellung: Lore Heuermann (A), Hildegard Stöger (A), Musik: Walter Nikowitz (A/AR), Kari Rakkola (FN), Grafik: Alexander Schlögl (A), Technik/Ausstattung: Erich Heyduck (A), Markus Kuscher (A), Fotografie: Peter Korrak (A), Video/Dokumentation: Bernhard Riener (A).

Fotos © Roman Picha

Ausstellung "Körper, Psyche und Tabu. Wiener Aktionismus und die frühe Wiener Moderne" im mumok (noch bis zum 16.5.2016)

Die Ausstellung "Körper, Psyche und Tabu. Wiener Aktionismus und die frühe Wiener Moderne" wird im mumok von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet. Dabei wird unter anderem unser Film über die SCHIELEfest 2015 Performance "Mörder, Hoffnung der Frauen!" (Oscar Kokoschka, 1907) präsentiert.

 

Die Regisseurin Eva Brenner zu ihrer Inszenierung MÖRDER HOFFNUNG DER FRAUEN, 2015

Die Uraufführung von Oskar Kokoschkas Minidrama MÖRDER HOFFNUNG DER FRAUEN in der für das 14. SCHIELE festes NÖ unter dem Titel „DIE KONTROVERSE BEGINNT“ neu erstellten Textfassung fand am 19. September 2015 im leeren Kunstraum GRAF&ZYX Tank 203.2040.AT in Neulengbach/NÖ vor vollem Haus statt.

Der Originaltext wurde leicht gekürzt und dramaturgisch bearbeitet für zwei zentrale Stimmen – Mann und Frau – , mit zwei interkulturellen SchauspielerInnen besetzt und um zwei Erzählerinnen ergänzt wurden, die das Geschehen von außen begleiteten, Szeneanweisungen referierten und die Handlung vorantrieben. Dazu kam ein Live- Musiker, der einen eigenen Soundtrack komponierte und diesen improvisierend auf der Gitarre begleitete. Kokoschkas Fabel über den – seiner Meinung nach – grausamen, stets tödlich endenden Geschlechterkampf zwischen Mann und Frau weitgehend im Ablauf belassend, wurde das Ende einschneidend verändert, szenisch umgestaltet und in der Aussage in das Gegenteil verkehrt: Aus feministischer Sicht sahen wir uns außerstande, der Negativvision des Autors, wobei der Mann in der Schlussszene sich selbst, die Frau und die gesamte Welt mit Feuer und Furor in den Abgrund reißt, zu folgen. Wir sahen uns als Frauen im heutigen Theater außerstande, dieser historisch überholten, apokalyptischen und misogynen Sichtweise, die sexistische Klischees von Gewalt bedient und perpetuiert, unsere „freie Bühne“ zu bieten. Stattdessen nutzten wir das Drama Kokoschkas als Sprungbrett, um ein anti-sexistisches und friedfertiges Statement abzugeben. Diese Mission führte zur Erfindung einer zusätzlichen Theaterfigur – der „Schamanin“ – , die neben den symbolisch gewandeten ProtagonistInnen, („rote Frau“ und „schwarzer Mann“) in Weiß erschien und von einer Ausdruckstänzerin repräsentiert wurde. Sie beschattete die Frau sie gleich einem Schutzengel, begleitete sie auf all ihren Wegen, spiegelte die Bewegungen der Frau, gab ein euphorisches Echo ihrer An- und Ausrufe ab. Hauptsächlich figurierte sie als Beschützerin gegen die sexuellen Übergriffe des Mannes, ging der Handlung bisweilen voran, wiederholte choreografische Muster oder schritt ihnen argwöhnisch hinterher – und rief letztlich zum Widerstand auf! So regiert in dieser Fassung des Dramas am Ende nicht der Weltuntergang sonder die Hoffnung: Die „Schamanin“, die zugleich Freundin, Schwester oder Geliebte sein könnte, erlöst die Frau nach dem Tod des Mannes aus dessen auratischen Fängen und entführt sie tanzend in die „Freiheit“.

Die Ausstellung geht noch bis zum 16.5.2016!

Mehr Infos zu der Ausstellung: https://www.mumok.at/de/events/koerper-psyche-tabu