Produktion 5 im Zyklus, 1999
körpertheatrale Raumassoziationen zu Samuel Beckett
Eine szenische Reflexion über das Verhältnis von Natur, Kreatur & Krieg
Multi-Media PERFORMANCE
Premiere: 01.11.1999
Aufführungen: 8.11., 15.11., 22.11., 29.11.1999
Regie: Eva Brenner
Ensemble: Marceloe Gama (BR), Beate Göbel (D), Clemens Matzka (A), Maren Rahmann (D)
Räume/Licht: Walter Lauterer
Gäste in Live-Performance:
Marcelo Gama (Piano), Lore Heuermann (Malerei), Luise Kloos (Installation) Walter Lauterer (Video), Karl Ratzer (Gitarre).
1. November:
Marcelo Gama (Piano) - LIEGEN
8. November:
Walter Lauterer (Video) - SITZEN
15. November:
Luise Kloos (Installation) - STEHEN
November:
Lore Heuermann (Malerei)- GEHEN
29. November:
Karl Ratzer (Gitarre) - LAUFEN
Die Performance war der fünfte und letzte Akt der mehrteiligen Serie "ENDSPIEL in process" nach Texten aus Samuel Becketts Stück "Endspiel". Radikaler als in den vorangegangenen Produktionen Endspiel 1 - 4 bestimmte das Verhältnis von fixer Struktur und freier Improvisation die work-in-progress Arbeit der Gruppe. Das Stück wurde über einen Zeitraum von fünf Wochen in immer neuen Stadien präsentiert, wobei je ein Abend eine Gesamtimprovisation vor Publikum darstellte. Der interdisziplinäre Aspekt trat erstmals dezidiert ins Zentrum, bekannte GastkünstlerInnen improvisierten gemeinsam mit dem Ensemble.
Die thematisch strukturierten Improvisationen durchquerten fünf choreographische Stationen: LIEGEN - SITZEN - STEHEN - GEHEN - LAUFEN, die dem physischen Entwicklungsweg des Menschen nachvollzogen sind und durch die körperliche Reduktion extreme Tableaux und Szenarien ermöglichen. Jede Station wurde nach einer intensiven Arbeitswoche mit einem der o.g. Gastkünstler in je einer Performance-Improvisation öffentlich gemacht - mit der Intention, daß das Publikum mit den AkteurInnen diese fünf "Temperaturen" auf- und annimmt bzw. während der Performance zu liegen, zu sitzen, zu stehen, zu gehen oder zu laufen beginnt! ("Wer will, macht mit!")
Mit "Natur" war hier sowohl das uns umgebende Environment gemeint, als auch der eigene Körper; Krieg beginnt nicht erst mit Bomben, sondern zeigt sich im Alltagsverhalten - in Sprache, Denken und Handeln - archetypischer Figuren.
"Eine Gruppe prominenter, modisch weiß-gekleideter Zeitgenossen "bekriegt" und "versöhnt" sich im Verlauf fragmentarischer Szenen, narzißtischer Soli, Duos und Trios, durchbrochen von eleganten Walzertänzen, die eine heile Welt suggerieren. In verfehlten Begegnungen und chaotischen Chorpartien agieren sie ihre Entfremdung voneinander/von der Natur aus, die sich als Ursache und Folge existentieller Isolation und "kriegerischen" Verhaltens entlarvt. Man glaubt sie zu kennen, diese Künstler-, Politiker- und Livestyle-Figuren, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie sie neon-beleuchtete, designte Innenräume bevölkern, die mit den Außenräumen zu verschmelzen scheinen - anonyme Schutzzonen, angesiedelt im Irgendwo Mitteleuropas, wohin vom Krieg nur Medienlärm dringt.
Das alles erinnert an das Figurenpanorama eines Tschechow-Stückes - immer wieder wird aus dem letzten Akt von Tschechows "Kirschgarten" zitiert. In repetitiven Parcours, fragmentarischen Gesten, untermalt mit aggressiven, verzweifelten, sentimentalen Dialogen aus Becketts Stück, verkünden sie ihre Slogans zu Natur und Krieg, um danach ansatzlos in starren Fotoposen - der Stillstand der Zeit als Picknick-Tableau - zurückzufallen. Unaufhörlich vom Frieden redend, legitimieren sie einen "endzeitlichen" Status-Quo und erzwingen die Frage, ob ein Ausbruch aus dem Circulus vitiosus noch möglich ist."
- Eva Brenner
Gastspiel in Graz: "K" - "Solang ich das nicht KRIEG, geb ich keinen FRIEDEN"
Eine Voraufführung von "ENDSPIEL in process 5: NATUR KRIEG" fand auf Einladung des Vereins NEXT im Rahmen des 5. Internationalen Projekts für bildende Kunst 1999 in Graz statt: Premiere: 21. Oktober 1999, 17:30 Uhr, Schloßberg, Katakomben des ehemaligen Staatsgefängnisses, Ausstellungseröffnung durch Frau LH Waltraut Klasnic.
Pressestimmen:
Intensität
"... Intensive Auseinandersetzung mit Text und Befindlichkeit der Zeit führen zu einer Intensität, die man am Theater selten erlebt. ...
Das in Wien einzigartige Experimentaltheater konzentriert sich auf das Wesentliche. Scheinwerfer gibt es keine, ein Raum, karges Mobiliar, Schauspieler, Gastkünstler und das Publikum sind die lebendigen Bausteine dieses "armen" Theaters. Aus absoluter Reduktion erwächst vollkommene Dichte."
- Die Furche, 25. November 1999, Nr. 47/18